Die letzten Tage vor der Geburt

        

Mir geht es schlecht. Wahnsinnig schlecht. Mein Körper ist an seine Grenzen gestoßen und der letzte Frauenarzt Termin macht deutlich: So kann das alles nicht weiter gehen. Mein Blutdruck ist viel zu hoch, ich habe deutliche Wehen und alle Zeichen stehen auf Geburt. Mehrmals die Woche kapituliert mein Körper und ich liege mich übergebend auf dem Sofa, habe wahnsinnige Schmerzen und möchte nur noch weinen. Wir sprechen mit der Frauenärztin und sie sieht nur eine Möglichkeit: Die Einweisung zur Einleitung in die Klinik. 38+3 bin ich am heutigen Tag und aufgeregt fahren wir nach Hause, packen ein paar Sachen zusammen und fahren ins Krankenhaus. Da kommt aber alles ganz anders…
Sie wollen meinen Blutdruck überwachen und die Ergebnisse der Laboruntersuchung spricht eine deutliche Sprache: Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftung. Einleiten wollen sie allerdings nicht, sondern lediglich stationär im Krankenhaus überwachen, bis zum eigentlichen Geburtstermin. Ich ringe mit den Tränen. Soll ich die Maus wirklich so lang allein lassen? Schaffe ich das psychisch? Nein. Definitiv Nein. Völlig aufgewühlt fahren wir nach Hause und gehen schlafen.
Am Samstag Abend muss der Mann abends arbeiten und nach vielen Gesprächen mit den Mädels geht mir diese Einleitungs- und Schwangerschaftsvergiftungssache einfach nicht aus dem Kopf. Ich google und klicke mich durch Kliniken, bis ich auf der Internetseite von dem Krankenhaus lande, was so ziemlich als letzte Option in Frage stehen würde. Aber was ich lese, klingt vertrauensvoll und gut und ich schicke dem Mann einen Screen. Innerhalb von Minuten entscheiden wir uns dafür, am nächsten Tag dort hinzufahren, mehr als wegschicken kann ja auch nicht passieren…
Am nächsten Morgen bin ich noch immer zwiegespalten. Sollen wir es wagen? Oder quäle ich mich bis zum ET weiter, überschreite immer wieder meine Grenzen und habe am Ende keine Kraft mehr für die Geburt? Aber mir geht es bereits so schlecht, dass jeder weitere Tag nur noch eine Qual wäre. Selbst die Frauenärztin sieht es genauso und war sich vollkommen sicher, dass ich um diese Zeit schon ein Baby im Arm halte und wünschte mir alles Gute – Nur das Krankenhaus spielte nicht mit…
Nach langem überlegen entscheiden wir uns endgültig dafür, in die Klinik zu fahren und schon sitzen wir im Wartezimmer des Kreissaal Bereichs. Ein CTG wird geschrieben, nicht eine Wehe ist zu sehen und wir warten gefühlt ewig auf eine Ärztin. Sie untersucht mich und wenigstens etwas Angst kann sie mir nehmen. Der Blutdruck ist normal und der Verdacht auf die Vergiftung wird kleiner. Wir führen ein langes Gespräch mit ihr und sie möchte alles mit der Oberärztin am Abend klären – Sie selbst darf keine Entscheidung treffen. Also fahren wir nach Hause, aufgewühlt, mit ein bißchen Hoffnung und viel Entmutigung. Warum sollte sich dieses Krankenhaus dafür entscheiden, wenn wir bei der anderen Klinik abgewiesen wurden?

Eine ganze Nacht lang müssen wir auf die Entscheidung warten, denn erst, wenn wir am nächsten Morgen im Kreissaal anrufen, werden wir wissen, ob wir vielleicht ganz bald ein Baby im Arm halten dürfen…