Tu mir einen Gefallen…

        

Den ganzen Tag alleine. Songs schallen aus der Anlage, die mich traurig stimmen. Ich muss sie hören, sie tun gut. Nachdenken, den Text im Kopf, die Tränen fallen. Ich denke wieder daran, kann nichts gegen tun. Alles ablenken bringt nichts, die Gedanken klammern sich fest.

Nach Stunden kommt er endlich wieder, kurze Küsse, in den Arm nehmen und schon ist er wieder weg und ich allein. Das Handy klingelt zum tausendsten Mal, „Unbekannt“ blinkt auf dem Display auf. Ich brauch nicht abnehmen, ich weiß, wer dran ist.
Ignorieren, überhören, den Drang, das Handy ganz weit weg zu werfen. Traurigkeit, Lieblingslieder, Tränen.
Irgendwann kommt er wieder, er kommt die Treppe hoch, wirft seine Sachen in die Ecke und raus ist er wieder aus dem Zimmer. Er geht an den Kühlschrank, holt sich Bier raus, setzt sich an den Tisch. Irgendwann steht er auf, nimmt sein Bier in die Hand, geht ins Zimmer, stellt sein Bier ab, setzt sich zu mir, fragt, ob er mich küssen darf. Man riecht die Bierfahne.
In Gedanken versunken, immer noch traurig, am nachdenken, ein unüberlegter Satz, weil mir alles zuviel wird. „Am liebsten wär’s mir ja, wenn du gehst“
Ob er was falsch gemacht hätte, ob ich was habe, ob er was gesagt hat, fragt er. Ich schüttel nur den Kopf, er weiß nicht, was los ist. Nimmt sein Bier, schließt die Tür.
Alleine, im Bett, verzweifelt. Wütend darüber, dass ich sowas gesagt habe, obwohl ich doch wollte, dass er bei mir ist. Damit ich nicht allein bin, damit ich nicht nachdenke, damit die Welt mit ihm besser ist.
Und nun ist er gegangen. Zwar nur ins Nebenzimmer, aber er ist weg. Ich weiß nicht, was ich tun soll, mir wird alles zuviel.
Ich stehe auf, geh zum Schrank, ziehe wahllos Kleidung heraus, raus aus den Schlafsachen, rein in die Klamotten.
Ich durchsuche meine Tasche, reisse Schubladen auf, wo ist das Feuerzeug? Handy geschnappt, Tasche genommen, zittern.
Die Hand an der Türklinke „Ich bin gleich wieder da!“, verwirrte Blicke von meiner Mutter und ihm.
Ich gehe die Treppen runter, öffne die Haustür, gehe die Strasse entlang. Die Schritte werden schneller, ich hab das Gefühl, als würde ich gleich zusammen brechen, die Tränen werden immer mehr.
Gewühl in der Tasche, Zigarettenschachtel in der Hand. Eine heraus ziehen, das Feuerzeug klickt.
Der erste Zug, es tut gut. Immer mehr werden es, schneller und schneller. Ich laufe die Strassen entlang, rein ins Naturschutzgebiet, bin am Ende, mein Handy klingelt, ich nehme nicht ab.
SMS „Wo bist du?“, die nächste Zigarette gleich hinterher. Auf die Bank setzen, was tue ich hier eigentlich? Ich nehme mein Handy und schreibe ihm, dass es mir Leid tut, dass er herkommen soll.
Irgendwann ist er da. Wir sitzen still nebeneinander, ich trau mich nicht, ihm in die Augen zu sehen. Stattdessen frage ich ihn, ob er rauchen will, er nickt. Und so wird es die vierte Zigarette für mich am Abend.
Unendliche Stille, niemand sagt was, wir sitzen einfach nur da. „Sagst du mir jetzt endlich, was los ist?“ Ich muss schon wieder weinen, die Worte schaffen es nicht aus meinem Mund.
Ich nehme seine Hand, froh, dass er da ist.
Wir stehen auf, laufen weiter, nebeneinander, Hand in Hand, selbst jetzt bleibt nur das Knirschen unserer Schuhe im Sand, kein weiteres Geräusch.
Wir gehen zum See, setzen uns dort auf die Bank, ich bin schon wieder den Tränen nahe. Umarmen, in die Augen schauen.
Er fragt wieder, was los war, meine einzige Antwort darauf, dass ich zuviel nachdenke. Er versteht, nimmt mich weiter in den Arm, küsst mich.
Sagt mir, ich soll so etwas nicht wieder machen, soll nicht einfach so weglaufen. Er wusste nicht, was auf einmal los war, ich schicke ihn weg und laufe dann selber.
Er bringt mich auf andere Gedanken, wir gehen nach Hause. Legen uns ins Bett, sein Arm um meine Schulter tut gut. Mein Kopf an seine Brust, sein Atmen, wissen, dass er da ist.
Die Tränen kommen wieder, aber er wischt sie mir weg.

Wir schlafen ein, da ist er wieder, dieser Traum. Der Traum, den ich so oft habe im Moment, der mich verfolgt, ob ich wach bin oder schlafe.
Die Gedanken sind immer dort, unbewusst schweifen sie immer wieder dorthin ab.
Es ist wieder derselbe Moment, dieselbe Situation. Da ist er und ich habe Angst. Ich wehre mich, weine, schreie, will, dass es aufhört.
Ruckeln am Arm, ich mache meine Augen auf und sehe, dass alles nur ein Traum war. Mein Atem ist schnell, mein Herz rast, ich kann nicht mehr. Meine Augen fangen an zu brennen, die Tränen laufen in tausenden übers Gesicht.
Er nimmt mich wieder in den Arm, redet mir zu, dass er für mich da ist, dass er auf mich aufpasst, dass alles gut ist.
Die Gedanken kreisen, ich muss immer und immer wieder daran denken, kann nicht aufhören.
Baldrian wirkt dagegen nicht, meine Augen werden schwer, mein Körper ist müde.
Und da ist er wieder, der Schlaf, der in Träumen übergeht, mich zucken lässt, sodass er mich aufweckt, damit ich aufhöre zu träumen. Der Schlaf, der Gefühle in mir auslöst, die ich hinter mir lassen wollte. Momente wieder herholt, die verdrängt wurden.
Der Schlaf, der weh tut. Mich fertig macht, mich verzweifeln lässt, mich weinen lässt und in Schmerz und Angst versetzt. Es ist grausam, es tut weh, es ist nicht auszuhalten.
Er weckt mich wieder und wieder, nimmt meinen Arm, aber statt aufzuwachen, integriere ich es in den Traum und es wird schmerzhafter.
Irgendwann schafft er es und ich wünsche mir nur, dass es aufhört. Dass ich aufhöre, davon zu träumen, aufhöre, daran zu denken, aufhöre, zu weinen, aufhöre, dass es mich dazu bringt, falsche Dinge zu tun und zu sagen und es aufhört, dass mich diese Dinge fertig machen. Mich, meinen Körper, meine Seele.

„Tu mir einen Gefallen. Arbeite daran, dass du ihn vergisst.“

Living in Hamburg

        

Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr in einer eigentlich fremden Stadt seid, es ist schlechtes Wetter, die Leute laufen überall hin und her, jeder hat ein anderes Ziel und man sich dabei einfach nur denkt, wie wunderbar diese Stadt ist? Wenn man Hand in Hand mit dem Mann, den man liebt, durch die Stadt läuft, Kaffee in der einen Hand, die Hand des Freundes in der Anderen und man sich einfach nur zuhause fühlt?
Eine eigentlich fremde Stadt und doch hat man dort mehr das Gefühl zuhause zu sein, als überall sonst? Selbst wenn man das erste Mal dort ist, man hat das Gefühl, man wäre schon ewig dort und man möchte nie wieder weg.
Umso schlimmer ist es zu wissen, dass es immer einen Weg zurück gibt. Dass man nicht einfach dort bleiben kann, auch wenn man sich zuhause fühlt. Das Zuhause ist wo anders, auch wenn man sich in dieser einen Stadt wohler fühlt.
Warum? Das schlimmste Gefühl dabei ist zu wissen, dass es noch ein langer Weg ist, bis man dort vielleicht wirklich zuhause ist. Warum nicht jetzt und sofort? Einmal hin und nie wieder zurück. Ich will diesen Traum endlich leben, doch weiß man, dass es noch ewig dauern wird, bis es wahr wird. Wenn er es überhaupt wird…. Haltet mich für verrückt, aber es ist mein Ernst. Hamburg ist für mich einfach etwas ganz Besonderes und das schon immer. Und nun erstrecht.

Dinge, über die ich nachdenke, Dinge, die mir Tränen in die Augen schießen lassen, Dinge, die immer wieder in meinem Kopf herumschwirren. Gedanken über Vergangenheit und Zukunft, Bilder im Kopf von Erinnerungen, einem einzigen Tages.

Ich schau mir Fotos an und die Tränen flackern in meinen Augen, ich denke daran und verspüre einen Stich im Herzen. Es ist so eigenartig, so komisch, aber ich habe das Gefühl, als wenn dort mein Zuhause ist. Nur dort.

Morgen werde ich aufwachen. In einem großem Bett, eingekuschelt in schwarzer Satinbettwäsche, mit meinem Schatz an meiner Seite, in seinen Armen. Im lilafarbenem Schlafzimmer mit traumhaft schönen weißen Möbeln, einem großen Spiegel an der Wand, Laminat auf dem Boden und einem tollem Plüschteppich, auf dem das Bett steht. Das Hundekörbchen steht an seinem Platz, unser Chihuahua schwebt noch im siebtem Hundehimmel.
Es gibt einen Gute-Morgen Kuss und sein Grinsen lässt die Schmetterlinge im Bauch flattern. Dazu Kaffee im Bett und die Lieblingsmusik dudelt aus der Musikanlage. Die Sonnenstrahlen scheinen ins Zimmer hinein, ein Sommertag wie er im Buche steht. Dennoch nicht zu heiß, sondern einfach nur perfekt.
Geplant für diesen Tag? Eiskaffee, schlendern in der Innenstadt, ein Konzertbesuch und den Sonnenuntergang an der Alster begutachten. Mit Ihm Hand in Hand, ganz vielen Küssen und einem Gefühl des Glücks.
Ein Tag von tausenden, in der Stadt, die ich liebe, die den Namen “Hamburg” trägt. Ein Tag, mit ihm und unserem Hund, vielleicht auch Baby, in unserer eigenen Wohnung.
Man darf ja wohl noch träumen dürfen, nicht wahr? Wobei genau dies als Realität soviel schöner wäre.

Weihnachten – Fest der Liebe oder des Konsums und Hektik?

        

Ich pflege immer gern zu sagen, dass Weihnachten das Fest der Liebe ist und besinnlich sein soll. Aber mal ganz ehrlich, das stimmt doch überhaupt nicht!
Im September sieht man schon überall Weihnachtsgebäck, Dekoration und ähnliches, Vorweihnachtsfreude, oder wie? Mitte November, spätestens Anfang Dezember kommen die Leute dann aus ihren Löchern gekrochen und rennen durch die Stadt um Geschenke zu kaufen. Im Kaufhaus schubst eine Frau die Nächste und an der Kasse heißt es dann Hektik pur. Sie kaufen und kaufen und kaufen, als wenn es kein morgen gäbe. Oder besser, als wenn morgen alles, aber wirklich alles ausverkauft wäre. Nichts von Besinnlichkeit, nein der Einzelhandel explodiert. Schreiende Kinder, überforderte Mütter, genervte Väter und mittendrin die Frage, was verschenke ich denn dieses Jahr? Ganz einfach: Dasselbe, wie letztes Jahr. Aber diesmal bitte mit Kassenbon beigelegt, weil eh die Hälfte wieder zurück geht.
In jedem Kaufhaus und in jedem Einkaufscenter hängt Weihnachtsdekoration (die manchmal so nett befestigt ist, dass eine Oma davon fast erschlagen wird, weil’s dann doch noch nicht so ganz fest war…), „Last Christmas“ dudelt in den Boxen und unechte Weihnachtsmänner laufen durch die Gegend. Das einzigst schöne im Dezember ist für mich jedes Jahr der Weihnachtsmarkt. Der ist aber die Hälfte der Zeit so überfüllt, dass man in 5 Minuten auch nur 5 Schritte machen kann. Dafür hat man aber glücklicherweise länger den Geruch von sämtlich leckeren Dingen in der Nase. Und muss aufpassen, nicht von jemanden geschubst zu werden, der schon den ein oder anderen Glühwein zuviel hatte. Herrlich!
Irgendwann ist es dann soweit, Weihnachten steht vor der Tür. Die Verwandtschaft trudelt ein und irgendwann werden die Geschenke verteilt. Natürlich muss bei jedem Geschenk ein herzliches Lächeln gezogen werden, man will ja nicht unhöflich erscheinen. Dann noch mehrere Male persönlich bedanken und sich freuen, als wenn man im Lotto gewonnen hat, auch wenn man das Geschenk wie jedes Jahr scheußlich findet, oder selbst ausgesucht hat. Nach der Bescherung schaut man nur noch kampflos auf die Uhr und hört sich nickend die Geschichten der Verwandten an. Ob es Krieg, Krankheit oder auch das allseits beliebte „Früher war alles besser“ Gespräch ist, man nickt immer mal und pflichtet zwischendurch dem Gesprächspartner mal bei, auch wenn man nicht die leiseste Ahnung hat, worum es denn eigentlich geht.
Und wenn man denkt, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, merkt man dass die Großeltern auf einmal witzig werden. Witzig? Oh nein, warum musste man ihnen denn auch, wie jedes Jahr, Wein schenken? Also, auf geht’s, es wird peinlich und man hofft auf den Augenblick, sich höflich zurück zu ziehen. Nur kommt dieser Moment nicht, da es noch Unmengen an Geschichten gibt, die unbedingt erzählt werden müssen (die übrigens auch jedes Jahr dieselben sind).
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt dann der erlösende Satz, „Es ist schon spät, ich glaube ich sollte auch mal so langsam gehen“. Ja, warum denn nicht schon früher? Mit klingelnden Trommelfell erhebt man sich und bedankt sich noch mal bei jedem einzelnen für diese wundervollen Geschenke und wünscht ihnen einen guten Nachhause Weg.
Puh, hat man’s jetzt geschafft? Ja, das denkt man zumindest. Bis auffällt, dass heute ja erst Heiligabend ist. Also sind da noch 2 Tage, an denen man dasselbe Schicksal zu erleiden hat.
Also dann, Prost, bis zum nächsten Jahr!

Vielleicht weilen ja noch Menschen unter uns, dessen Weihnachten ruhig, geordnet und besinnlich ist. All denen ein schönes Fest. An alle anderen, macht das Beste draus.
(Bitte beachtet die Ironie in diesem Posting und seht das alles mit einem kleinen Augenzwinkern…)